Die 11 größten Irrtümer in puncto Lernen und Erziehung
Irrtum 1: Mein Kind muss unbedingt aufs Gymnasium
Der Wahnsinn treibt mittlerweile seltsame Blüten: vielen Kindern wird vonseiten der Eltern suggeriert, dass nur der Gang auf das Gymnasium der richtige Weg ist. Die Realschule gilt schon als kleines Versagen.
[spp-tweet tweet=“Und die Haupt-/Mittelschule wird schon fast als „Sonderschule“ angesehen.“]
In vielen Bundesländern wird schon nach der 4. Klasse der Übertritt getätigt. Als allein selig machendes Ziel wird das „Schaffen“ guter Noten angesehen. Der Sprössling benötigt daher oft eine Heerschar an Nachhilfen um den Notendurchschnitt zu erreichen.
Bis dahin lastet ein enormer Leistungsdruck auf ihm, der für seine Entwicklung absolut hinderlich ist.
Eine Alternative wäre es, wenn etwa in Ländern wie Bayern, der Übertritt nach der 4. Klasse abgeschafft würde und er erst Jahre später stattfinden könnte. Denn dann dürften die Kinder länger mit den Mitschülern lernen und erst später die finale Entscheidung bezüglich der passenden Schulform treffen. Sie können dann ihre Talente und Interessen freier entfalten und sehr viele finden dadurch die passende und individuelle Schulform.
Dadurch wird auch das häufige „Scheitern“, also wenn ein Kind das Gymnasium verlassen muss, eingeschränkt. Diese „Scheiter – Kinder“ beginnen ihr Leben mit einem „Versagen“ und das begleitet sie ein Leben lang.
Irrtum 2 : Gute Noten sollten mit Geld belohnt werden
In vielen Familien ist es Usus, dass gute Noten mit Geld honoriert werden.
Die Absicht dahinter ist wohl, dass die Kinder durch die monetäre Belohnung dahingehend beeinflusst werden, sodass sie auch in Zukunft gute Noten schreiben sollen.
Doch das funktioniert so zumeist nicht.
Denn wer so etwas macht, nimmt dem Kind die innere Motivation, den Antrieb und das Flow- Erlebnis.
Denn gute Noten sind Belohnung genug. In diesem Fall erfährt das Kind, dass es aus seinem eigenen Antrieb gute Noten schaffen kann und wird selbstbewusst und stark.
Geschieht dies durch Motivation von aussen (also hier durch Geld), ist die Motivation deutlich geringer.
Zusätzlich werden die weniger erfolgreichen Kinder doppelt bestraf: zum Einen durch die schlechte Note und zum Anderen haben sie nicht das Geld zur Verfügung um sich etwa ein Eis zu kaufen.
Irrtum 3 : Nur am Schreibtisch wird richtig gelernt
Kindern wird immer wieder erzählt, dass sie einen festen Lernplatz für die gesamten Fächer haben sollten. Anfänglich gelingt dies zwar, doch später schaffen sie es nicht mehr sich auf den Schulstoff zu konzentrieren. Stattdessen fühlen sie sich angespannt und unbehaglich. Sie fangen an zu trödeln und die Gedanken schweifen ab.
Spätestens dann ist es höchste Zeit den Lernort zu wechseln und Aufgaben etwa an der frischen Luft, im Café, auf dem Sofa, auf dem Boden etc. zu erledigen.
Denn Gelerntes lässt sich umso leichter abrufen, je besser man sich an den Lernort erinnern kann.
Es wird sich zum Beispiel an die Umstände, den Tag, das Gesehene und das Erlebte erinnert.
Sind dies nun angenehme Erinnerungen so wird ein Wohlbefinden erzeugt, welches sich positiv bemerkbar macht, wenn der Lernstoff wieder abgerufen werden darf.
[spp-tweet tweet=“Neue Lernorte optimieren das Erinnerungsvermögen.“]
Irrtum 4 : Strafe muss sein
Kinder, die große Fehler machen, benötigen schon manchmal eine klare Ansage, dass dieses Verhalten nicht erwünscht ist. Oft ist es ihnen ohnehin schon klar und dann benötigen sie nur eine Bestätigung, dass sie gesehen wurden und die Grenze, die sie überschritten haben, immer noch gilt. Dabei geht es ihnen um die Aufmerksamkeit die sie damit einfordern.
Insgesamt wollen Kinder, dass sie gesehen und mit ihren Bedürfnissen wirklich wahrgenommen werden. Dabei gilt die Maxime: Strafe muss nicht sein.
Irrtum 5 : Mädchen tun sich schwer mit Mathematik
Tatsächlich schneiden Mädchen bei den sogenannten „Pisa – Tests“ in Mathematik deutlich schlechter ab als Jungs.
Dies bedeutet nicht, dass sie weniger intelligent als Jungs in diesem Fach sind.
Denn die Unterschiede werden durch einschränkende Glaubenssätze (wie etwa Mathe ist nichts für Mädchen, das kannst du nicht und so weiter) gesetzt. Da auch die Lehrer den Glaubenssatz verinnerlicht haben erwarten sie von Mädchen weniger und fördern sie nicht adäquat.
Dadurch resultieren dann schlechtere Noten im Fach Mathematik für Mädchen.
Irrtum 6 : Kinder sollten so früh als möglich gefördert werden
Kinder sind tatsächlich in den ersten Lebensjahren für Lerninhalte am empfänglichsten.
Dies haben sich immer mehr besorgte Eltern zu eigen gemacht und fördern ihre Kinder mit allen möglichen Lerninhalten. So wird der 3 Jährige zum Japanischunterricht und so weiter geschickt.
Nur ist dies auch in allen Bereichen förderlich?
Nein. Ist es nicht. Am Wichtigsten in den ersten Lebensjahren ist es, dass die Kinder eine hohe Bindungsqualität an die Eltern haben. Erst dann wird die Ausbildung des Gehirns komplex vernetzt. Dabei ist kindliches Lernen immer emotional besetzt und der Kurs in „Französisch für 3 jährige“ wahrscheinlich kontraproduktiv.
Kinder dürfen nicht nur nach ihren individuellen Förderaspekten beurteilt werden, denn sie benötigen dringend Auszeiten und Freiräume.
Irrtum 7 : Trennungskinder haben es „schwer“ im Leben
In Deutschland gab es im Jahr 2015 (laut statista) rund 2.300.000 allein erziehende Frauen und 409.000 allein erziehende Männer. Diese versuchen den Spagat zwischen Kindererziehung und Job zu bewältigen. Nun haben sehr viele Forschungsergebnisse in den USA bewiesen, dass Kinder von getrennten Paaren keine negativen Konsequenzen aus ihrer Entwicklung zu tragen haben.
Im Gegenteil: in den Bereichen Flexibilität und Eigenverantwortung haben sie höhere Fähigkeiten als Kinder von gemeinsam erziehenden Eltern aufzuweisen.
Zusätzlich sind Kinder von gemeinsam erziehenden Eltern deren Beziehung als „kaputt“ angesehen wird, deutlich gefährdeter für psychische Störungen als Kinder von „Trennungseltern“.
Irrtum 8 : Kinder sollen stillsitzen
Eltern wollen häufig, dass das Kind möglichst still und aufrecht auf dem Stuhl sitzt und nicht „kippelt“ und „hampelt“.
Da Kinder einen zumeist natürlichen Bewegungsdrang haben reagieren sie auf Verbote mit Nervosität und Haltungsschäden. Lassen sie ihr Kind sich bewegen. Vielen dient die Bewegung auch als Zugangskanal für den zu erlernenden Lernstoff. Sie brauchen die Bewegung.
Irrtum 9 : Die Eltern sind wie gute Freunde
Sehr gerne stellen sich junge Eltern vor, wie sie mit ihren Kindern „um die Häuser ziehen“.
In ihrer Vorstellung sind sie dann jung und modern. Die umstehenden Menschen denken dabei, dass sie „Kumpels“ ihrer Kinder seien.
So schön die Vorstellung ist : Kinder wären damit deutlich überfordert. Denn die Kinder wollen in ihren Eltern „Beschützer“ und keine Freunde sehen.
Sie wollen sich auf ihre Eltern verlassen können.
Irrtum 10 : Wer einmal lügt…..
Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht mehr.
Eltern dürfen sich daran erinnern wie viele Lügen das Kind von Eltern und Erwachsenen hört. Wie etwa die Verleugnung durch den Partner am Telefon, oder bei Kommentaren vor und nach einem Besuch.
Wie beurteilt das Kind das Einhalten von Versprechen?
Oder die schnell ausgesprochenen Wörter „nur noch 5 Minuten oder „gleich“ und so weiter.
Es spürt im Umgang mit Wahrhaftigkeit eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Menschen machen Fehler und lernen daraus. Gehen sie mit gutem Beispiel voran und achten sie auf ihre Vorbildfunktion.
[spp-tweet tweet=“Und wer einmal lügt, glaubt man beim nächsten Mal.“]
Irrtum 11: Alle Kinder gehören gleichbehandelt unabhängig vom Alter
Natürlich reagieren jüngere Geschwister eifersüchtig auf die größeren Rechte der älteren Geschwister. Doch deswegen darf das jüngere Geschwisterkind noch lange nicht die gleichen Rechte beanspruchen wie das Ältere. Es wäre damit schlichtweg überfordert. Und das längere „aufbleiben“ zum Beispiel würde nicht zu ihm passen.
Zusätzlich hat das ältere Geschwisterkind sicher oft zurückstecken müssen, da das kleinere Geschwisterkind als Säugling häufig die Eltern in Anspruch nahm und ihm nicht viel Aufmerksamkeit zuteil wurde.
Darüber hinaus sollte natürlich jedes Kind die gleichen Möglichkeiten bekommen, um individuelle Interessen wahrzunehmen.
Ich wünsche Dir und Euch von Herzen viel Harmonie in Eurer Familie
Herzlichst
Michael Müller
Lerncoach und Kinder- und Jugendcoach
Lerncoach-Ausbilder
Azubi-Coach-Ausbilder
Autor