Ein Gastbeitrag von
Markus Hofmann
KeyNote-Speaker, Impulsgeber, Leidenschaftler und der wohl inspirierendsten und effektivsten Gedächtnisexperten Europas
Mehr zu Markus Hofmann erfahren Sie unter: www.unvergesslich.de
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ADHS: Sie sind unaufmerksam, laut und stören
Sie sind unaufmerksam, laut und stören – wenn sich Kinder im Unterricht nicht wie gewünscht verhalten, ist die Diagnose schnell zur Hand: ADHS.
1902 von dem englischen Kinderarzt George Frederic Still erstmals als Krankheitsbild beschrieben und ab den 1970er Jahren neurobiologisch erforscht, ist das Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom mittlerweile zur häufigsten psychiatrischen Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen avanciert.
ADHS – ein inflationäre Verbreitung
In der Regel ist dann von ADHS die Rede, wenn verschiedene Symptome wie Konzentrationsprobleme, Impulsivität, Ruhelosigkeit und Aufmerksamkeitsdefizite gleichzeitig auftreten. Was in Einzelfällen berechtigt sein mag, gibt in der Summe Anlass zur Sorge, denn mittlerweile wird ADHS fast schon inflationär diagnostiziert. Laut der Barmer GEK wurde beispielsweise im Jahr 2011 bei 750000 Bundesbürgern ADHS festgestellt – fünf Jahre zuvor war die Zahl noch um 49 Prozent niedriger.
49 Prozent innerhalb von fünf Jahren! Was ist da passiert? Sind wir tatsächlich innerhalb so kurzer Zeit so viel krankheitsanfälliger geworden oder sind die Ursachen für die sprunghaft ansteigende Zahl der ADHS-Diagnosen vielleicht doch an einer anderen Stelle zu suchen?
Ein Milliardengeschäft
Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich halte ADHS für eine Modekrankheit, deren Behandlung – von einigen Ausnahmen abgesehen – nur einem hilft, nämlich der Pharmaindustrie, die mit dem Wirkstoff Ritalin (Methylphenidat) Milliardenumsätze macht. Allein das Nürnberger Pharmaunternehmen Novartis, das Ritalin herstellt, erwirtschaftete mit dem Medikament 2010 weltweit einen Umsatz von 464 Millionen Dollar, und nach Angaben des UN-Drogenkontrollrates ist der Gebrauch der Substanz zwischen 2012 und 1013 weltweit um 66 Prozent gestiegen.
Wollen wir unsere Kinder wirklich krank abstempeln?
Die Pharmabranche freut sich also – aber was ist mit unseren Kindern?
Wollen wir sie wirklich als krank abstempeln, nur weil sie möglicherweise Schwierigkeiten in der Schule haben? Ich halte das für den falschen Weg, zumal die Nebenwirkungen von Ritalin bedenklich sind. Appetit- und Schlaflosigkeit spielen ebenso eine Rolle wie ein vermindertes Wachstum, und in hoher Dosierung macht das vermeintliche Wundermittel ähnlich wie Kokain schnell abhängig. All das nimmt unsere Gesellschaft ebenso in Kauf wie die Tatsache, dass die langfristigen Folgen des Wirkstoffs auf das Gehirn noch nicht erforscht sind. Kinder werden auf diese Weise zu Versuchskaninchen, die sobald sie eine Tablette vergessen, nicht mehr in der Lage sind, dem Unterricht zu folgen oder sogar damit beginnen, sich von ihrer Umwelt zu distanzieren, weil sie die Belastungen des Alltags nicht mehr ertragen.
Noch einmal die Frage: Wollen wir das wirklich? Wollen wir unsere Kinder wirklich um jeden Preis fügsam machen, und wäre es nicht deutlich sinnvoller, anstatt auf Drogen auf eine Änderung der Rahmenbedingungen zu setzen? Natürlich haben manche Kinder ein größeres Problem damit, im Unterricht stillzusitzen und sich zu konzentrieren als andere. Aber ist das nicht bis zu einem gewissen Grad normal, wenn es so viele Dinge gibt, die in diesem Moment spannender sind?
Ritalin ist das Einzige, was hilft – wirklich?
Ich kenne die Aussagen mancher Eltern, Lehrer und Ärzte, dass Ritalin das Einzige sei, was hilft. Und kurzfristig mag das – oberflächlich gesehen – vielleicht sogar stimmen, doch langfristig tun wir uns, unseren Kindern und der Gesellschaft in der wir leben, damit keinen Gefallen.
Individuelle Förderung statt ADHS-Diagnose
Tatsächlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass es auch andere Wege gibt, um Kindern das Lernen leichter zu machen, als sie mit Drogen vollzupumpen. Ich habe schon einige vermeintliche ADHS-Kinder erlebt, die es mit der von mir verwendeten Mnemotechnik geschafft haben, motiviert und zielgerichtet zu lernen – und zwar ganz ohne Ritalin.
Der Vorteil dieser Technik ist, dass anstelle der rationalen die emotionalen Bereiche im Gehirn angesprochen werden. Auf diese Weise bekommen Schüler einen völlig anderen Zugang zu ihrem Lernstoff, denn abstrakte Fakten werden in bildreiche und emotionsbesetzte Geschichten umgedeutet, wodurch es viel leichter fällt, den Lernstoff im Langzeitgedächtnis zu verankern. Darüber hinaus macht diese Technik auch noch Spaß, und die Konzentrationsfähigkeit der Schüler wird nachhaltig gestärkt. Die Ergebnisse sprechen für sich, und sowohl lernschwache Kinder als auch ihre Eltern sind von den daraus resultierenden Erfolgserlebnissen immer wieder aufs Neue begeistert.
Genau diese Erfolgserlebnisse sind es übrigens, die im Schulunterricht häufig fehlen. Alles dreht sich nur darum, den Erwartungen der Lehrer gerecht zu werden und dabei möglichst nicht zu stören. Wenn das funktioniert, gibt es Lob, wenn nicht, dann leidet das Selbstwertgefühl, und im schlimmsten Fall fühlen sich unsere Kinder sogar als Versager. Die Verknüpfung, die im Gehirn entsteht, ist klar: Ich bin nur dann etwas wert, wenn ich wie erwartet funktioniere. In der Konsequenz führt diese Einstellung dann dazu, dass viele Menschen ein unzufriedenes Leben führen. Ihr niedriges Selbstwertgefühl bremst sie aus und sie behindern sich selbst bei der Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten. Wenn sie dann auch noch in früher Kindheit lernen, dass Pharmazeutika das einzige Mittel sind, um Bestätigung zu erhalten, sind die desaströsen Folgen vorbestimmt.
So werden Kinder zu starken Persönlichkeiten
Geben wir unseren Kindern also die Chance, sich zu selbstbewussten und glücklichen Menschen zu entwickeln, indem wir sie mit innovativen Lernmethoden fördern und stark machen.
Nur weil sie möglicherweise dem Schulunterricht nicht folgen können, bedeutet das noch lange nicht, dass sie krank sind, sondern einfach nur, dass sie einen anderen Zugang zum Lernstoff benötigen. Aus der Resilienzforschung wissen wir, dass bei Kindern der Aufbau einer starken Bindung zu einer Bezugsperson und die Stärkung der Kommunikationsfähigkeit in Krisensituationen im Vordergrund stehen. Wenn wir ihnen das Gefühl geben, sie so zu akzeptieren wie sie sind, vermitteln wir ihnen damit auch die Fähigkeit, Schicksalsschläge und Misserfolge unbeschadet zu überstehen.
Interessanterweise spielt ADHS statistisch gesehen vor allem bei bildungsfernen Schichten eine Rolle, wodurch einmal mehr belegt wird, dass Leistungsfähigkeit, Erfolg und Glück unserer Kinder wesentlich von dem Umfeld abhängen, in dem sie aufwachsen dürfen. Entscheidend ist des Weiteren auch das Verhalten der Erziehungsberechtigten, denn jeder Psychologe kann bestätigen, dass Kinder das Verhalten ihrer Eltern spiegeln. Hinterfrage deshalb in jedem Fall zuerst die eigene Stressresistenz, bevor du einem Arzt erlaubst, deinem Kind eine möglicherweise voreilige Diagnose auszustellen.
Natürlich ist der Befund ADHS bequem – schließlich nimmt er alle Beteiligten aus der Verantwortung –, doch sollten wir aktiv daran arbeiten, den Bedürfnissen unserer Kinder entgegenzukommen, um sie auf natürlichem Weg zu glücklichen und leistungsstarken Menschen zu machen. Auch wenn es vereinzelt sicher schwere Problemfälle gibt, darf Chemie nicht zur Allzweckwaffe werden, wenn es darum geht, die Leistung unser Kinder zu verbessern.
Vertraue also nicht auf Ritalin und stemple dein Kind nicht gleich als krank ab, nur weil es mit den herkömmlichen Lernmethoden keinen Erfolg hat. Es gibt so viele Möglichkeiten, Kinder gezielt zu fördern und ihre Stressanfälligkeit zu reduzieren, dass wir diese Möglichkeiten auch ausschöpfen sollten, um ihnen die Chance zu geben, sich zu selbstbewussten und leistungsfähigen Erwachsenen zu entwickeln, deren Erfolg nicht von Medikamenten abhängig ist.
Herzlichst
Ihr
Markus Hofmann
http://www.unvergesslich.de
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Markus Hofmann
Markus Hofmann ist der wohl inspirierendste und effektivste Gedächtnisexperte Europas. Er ist als Vorstandsmitglied der German Speakers Association (GSA) aktiv und einer von vier deutschsprachigen Certified Speaking Professionals weltweit. Neben seiner Tätigkeit als Top-Speaker steht er mit der Fachwelt in intensivem Wissens- und Erfahrungsaustausch: als Direktor des Steinbeis Transfer Instituts, Lehrbeauftragter an der Steinbeis Hochschule Berlin und der Management-Universität St. Gallen sowie als Dozent an der ZfU International Business School.
Zur Vita:
- Träger Deutscher Weiterbildungspreis 2014
- Direktor des Steinbeis Transfer Instituts „Professional Speaker GSA“
- Certified Speaking Professional (CSP)
- Vorstandsmitglied der German Speaker Association (GSA)
- Ausbildung zum MAT-Trainer (Mentales Aktivierungs-Training) bei der Gesellschaft für Gehirntraining
- Studium zum European Business Trainer an der Köppel Akademie
- Professioneller und selbständiger Gedächtnistrainer
- Ausbildung zum Gedächtnistrainer bei Gregor Staub
- Diplom-Marketingwirt BAW
- Referent für Werbung und Kommunikation beim Sparkassenverband Bayern
- Referent für Presse und Öffentlichkeitsarbeit bei der Sparkasse im Landkreis Schwandorf
- Bankkaufmannlehre bei der Sparkasse
- Aufgewachsen in Nabburg/Oberpfalz/Bayern
Wenn Markus Hofmann gerade nicht auf der Bühne oder im Vortragssaal steht, widmet er sich seiner jungen Familie oder einem seiner vielfältigen Hobbies wie Segeln, Klettern, Radfahren und Kino. Er ist bekennender FC-Bayern-Fan und war lange Jahre Leistungssportler im Judo mit internationalen Erfolgen.
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ADHS heißt in der neuen Ich-kann-Schule: „Alle Dummen haben´s schwer.“
Die Pädagogik behauptet, es gehe um ein „Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom“.
Es gibt – solange der Mensch keine Leiche ist – kein Aufmerksamkeitsdefizit.
Die Aufmerksamkeit geht immer dahin, wo die größte SOG-Wirkung ist.
Beim Unterrichten wird aber ständig DRUCK gemacht.
Mit Druck kann man – es ist ja nicht zu übersehen – die Aufmerksamkeit bestens wegdrücken, aber nicht herziehen.
Mit Druck kann man nicht ZIEHEN – an dieser Banalität scheitert die ganze päd. Wissenschaft.
Man könnte schier einen Lachkrampf darüber kriegen.
Griech „syn-dromos“ = der Zusammenlauf.
Wenn die Wissenschaft ein Fremdwort verwendet, glauben die Leute immer: „Aha, das ist ein präziser Begriff und die wissen ganz genau, was es ist; drum sagen sie Syndrom dazu.“
In Wirklichkeit bedeutet „Syndrom“ nur, dass da soviel zusammengekommen ist, dass keiner mehr Lust hat, sich das genauer anzuschauen, und eben deshalb sagen sie Syndrom.
Syndrom bedeutet nur, dass die Pädagogik da a) nichts weiß und b) auch nichts wissen will.
Erstaunlich, was wir uns bieten lassen.
Das allein wäre doch schon ein vernünftiger Grund, mindetsens hyperaktiv zu werden, oder etwa nicht?
Franz Josef Neffe
Absolut, lieber Herr Neffe