Berufsgruppe Lehrer: Die höchste Burnout-Rate und niemanden interessiert es !?!?!
Seit mittlerweile mehr als 8 Jahren führen wir die Ausbildung zum Lerncoach Advanced durch. Parallel bieten wir 2-Tages-Seminare und viele Lehrerfortbildungen in Schulen an.
Ein Feedback, dass wir immer wieder bekommen, stimmt mich sehr nachdenklich:
„Das ist die erste Ausbildung in der es wirklich um mich geht!“
Natürlich ist das ein sehr schönes Feedback für uns und auch sehr traurig, oder?
Meiner Meinung ist es doch ganz entscheidend, dass es der Person, die vor der Klasse steht gut geht. Wenn dem nicht so ist, wie soll ein angenehmer und gewinnbringender Unterricht möglich sein? Was ist dann das, was den Schülerinnen und Schülern widerspiegelt wird? Schule macht krank?
Lehrkräfte dürfen gestärkt werden und mit Techniken sowie Strategien aus der Persönlichkeitsentwicklung ausgestattet werden. Wenn sie diese für sich selbst erfolgreich einsetzen, wie genial, dass sie diese dann automatisch an die Schülerinnen und Schüler weitergeben.
Ein Fehler im System
Wie wird der Unterricht verlaufen, wenn eine Lehrkraft morgens schon mit Grummeln im Bauch die Schule betritt. Wenn sie in ihrem Kopf Gedanken hat, wie „oh, Gott, schon wieder diese Klasse“ oder ähnliche.
Was wird passieren, wenn die Lehrerinnen oder der Lehrer so das Klassenzimmer betritt?
Wie ist das bei Dir? Wenn Dir jemand mit grimmigem Gesicht gegenüber steht, die etwas erzählt, wie ist dann Deine Stimmung?
Genau, zurückhaltend oder auch schön langsam etwas grimmiger.
Für mich ist es völlig logisch, dass Lehrerinnen und Lehrer, die mit sich und der Welt im Einklang sind, auch sehr gute Lehrkräfte sind.
Warum interessiert sich denn niemand dafür, Lehrerinnen und Lehrern Techniken und Strategien an die Hand zu geben, die sie persönlich stärken?
Starke Lehrer – starke Schüler
Alle Lehrerinnen und Lehrer prägen die Schülerinnen und Schüler unglaublich. Das durften wir in einer Schule, in der wir unser Lernerfolgstraining für die Abschlussklassen durchgeführt haben, hautnah erleben.
In einem Training hatten wir Schülerinnen und Schüler aus zwei verschiedenen Klassen und wir wussten nicht aus welcher Klasse die/der jeweilige Schüler kam.
Und das musste uns auch niemand sagen, denn wir haben es eindeutig erkannt. Ja, wir haben es sogar erkannt, welchen Klassenlehrer die einzelnen Schülerinnen und Schüler hatten, sagten es und es traf zu 100% zu.
Interessant ist, der eine Klassenlehrer, Herr Müller (Name geändert), war sehr diszipliniert und forderte auch von den Schülern dementsprechend Disziplin. Er war sehr beliebt, da er mit sehr viel Leidenschaft und Engagement unterrichtete. So brachte er zum Beispiel sein eigenes Mofa mit in den Unterricht und die Jugendlichen durften es auseinander bauen und wieder erfolgreich zusammensetzen.
Sein Kollegen, Herr Scharf, war eher etwas schusselig. So fragte er uns zum Beispiel, als wir wieder einmal zum Training in die Schule kamen: „Ah, guten Morgen, kommen Sie heute?“ und wir antworteten: „Ja, wie immer donnerstags.“ (… und das schon seit ein paar Wochen). Er war als „cholerischer Lehrer“ bekannt und man hörte ihn oft durch die ganze Schule schreien. Allerdings war er auch ein sehr beliebter Lehrer. Ein Schüler gab ihm zum Beispiel einmal einen Liebesbrief mit der Bitte um Korrektur, damit seinen „Angebetete“ einen fehlerfreien Brief von ihm erhalten würde. Schön, oder?
Interessant an diesen beiden war, was sie in den Schülerinnen und Schülern auslösten.
Die Schüler von Herrn Scharf begegneten uns oft auf dem Schulhausflur und manche fragten uns: „In welchem Raum sind wir heute?“. Und wir antworteten: „In dem Raum, in dem wir immer sind.“ Manche saßen schon im Raum und die Schüler von Herrn Scharf fragten uns:“Brauchen wir etwas zu schreiben?“ Unsere Antwort war: „Ja, wie immer!“. Viele ähnliche Fragen folgten und uns war absolut klar, dass das die Schülerinnen und Schüler von Herrn Scharf sind.
Die Schülerinnen und Schüler von Herrn Müller saßen alle schon in dem Raum, in dem wir immer waren. Zusätzlich lagen bei Ihnen schon Block und Stifte auf dem Tisch.
Hammer, oder? Mir war das damals absolut nicht bewusst, welchen doch immensen Einfluss die Lehrerinnen und Lehrer auf unsere Kinder haben.
Ich finde diese Erkenntnis auch im Nachhinein sehr „Augen öffnend“ und für mich ist das noch zusätzlich ein Grund, Lehrkräfte noch mehr zu schulen, zu stärken und mit Techniken auszustatten, die einen tatsächlich freudebringenden Unterricht – für alle Beteiligten – zur Folge haben.
Ich glaube fest daran, dass gesunde und starke Lehrkräfte gut sind für unsere Kinder.
Burnout wird schon im Lehramtsstudium thematisiert
Wie erschreckend ist das denn! Junge Menschen entscheiden sich dafür, Lehramt zu studieren mit dem Ziel eine gute Lehrerin oder ein guter Lehrer zu werden. Und dann kommt es schon in den ersten Semestern zu den Aussagen: „Sie dürfen sich klar darüber sein, dass Sie irgendwann als Lehrkraft an Burnout erkranken werden!“
Wie verrückt ist das denn bitteschön? Und wie falsch, oder? In meiner Welt gibt ganz viele wirklich tolle und leidenschaftlich sowie sehr entspannte Lehrerinnen und Lehrer, die meilenweit von einem Burnout entfernt sind.
Ich finde, so manches Burnout ist selbst produziert.
Burnout – Made in herself/himself
In unserer Lerncoach-Ausbildung spreche ich manchmal von den von mir so benannten „Kamikazie-Lehrern“.
Das sind die Lehrerinnen und Lehrer, die sich am Montagmorgen schon beim Aufstehen quälen. Sie denken bereits im Bad an den schrecklichen Schultag und die anstrengenden Klassen, die sie heute unterrichten dürfen.
Mit diesem Gefühl frühstücken sie und fahren letztendlich auch mit diesem Gefühl in die Schule.
Im Lehrerzimmer treffen sie sich mit den gleichgesinnten, ähnlich übel gelaunten Kolleginnen und Kollegen.
Spannenderweise geht diese Lehrkraft in diesem Gefühl dann in diese Klasse, von der sie auch noch beim Türöffnen daran denkt, wie anstrengend, laut und unkonzentriert sie ist.
Was lösen diese Gedanken aus?
Gedanken machen Gefühle und Gefühle machen Haltung. Eins ist sicher, die Lehrkraft wird nicht freudestrahlend, energiegeladen und leidenschaftlich ein „Schönen guten Morgen“ aussprechen. Sie wird auch nicht sagen: „Ich freue mich sehr auf die Stunde mit Euch, denn wir machen gleich ein richtig geniales Experiment, was euch sehr gefallen wird.“ oder ähnliches.
Ich glaube in Deinem Kopf ist gerade schon das Bild, wie die Lehrkraft vor der Klasse stehen/sitzen wird, oder?
Ernster Blick, gedämpfte Stimme und leidenschaftslos.
Wie wird die Klasse reagieren? Freudestrahlend, aktiv und energiegeladen? Sicher nicht. Eher zäh, vielleicht aufmüpfig und mit „null Bock-Gefühl“.
Nach dieser Stunde verlässt die Lehrkraft die Klasse wieder und fühlt sich bestätigt. Bestätigt, wie schrecklich diese Klasse ist und wie anstrengend und kräftezehrend der Lehrerberuf ist.
Ich empfinde diesen tagtäglich Stress, der meiner Meinung nach selbstproduziert ist, als die Freifahrkarte ins Burnout.
Und natürlich gibt es viele verschiedene Entstehungsphase eines Burnouts – doch geschulte Lehrkräfte, die für sich Seminare absolvieren, wissen, was hinter Persönlichkeitsentwicklung sowie Achtsamkeit steckt und können es, meiner Meinung nach, definitiv vermeiden.
Ich bin fest davon überzeugt, dass Seminare für Lehrkräfte definitiv etwas mit Ihnen persönlich zu tun haben dürfen. Seminare, die sie stärken für den auf jeden Fall sehr anspruchsvollen und fordernden Job.
Meiner Meinung nach reichen 2 Tagen im Jahr als Fort- und Weiterbildung nicht aus.
Ich ziehe meinen Hut vor den Lehrerinnen und Lehrern, die zum Beispiel in unsere Lerncoach Ausbildung kommen. Manche haben das Glück, das sie von der Schule freigestellt werden, manche opfern ihre freie Zeit am Wochenende für die Module und reisen dafür quer durch Deutschland (unser Ausbildung finden in München unter der Woche und in Frankfurt und Hamburg am Wochenende statt!). Die Mehrzahl der teilnehmenden Lehrkräfte finanziert die Ausbildung selbst. Manche Schulen übernehmen die Kosten der Ausbildung oder des 2-Tages-Moduls.
Ich wünsche mir gaaaaanz viele Schulleitungen, die in ihre Lehrkräfte investieren – egal, ob in Zeit oder auch finanzieller Unterstützung, denn ich bin fest davon überzeugt, dass das sowohl die Lehrergesundheit, als auch den Unterricht für unsere Kinder deutlich besser und effektiver macht.
An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle Lehrerinnen und Lehrer, die in sich investieren und dadurch gleichzeitig für unsere Kinder einen richtig tollen Unterricht gewährleisten.
Herzliche Grüße
Deine
Alexandra
Lerncoach – Kinder- und Jugendcoach
Gedächtnistrainerin
Lerncoach- und Azubi-Coach-Ausbilderin