Das Ziel für viele Schülerinnen und Schüler kurz vor den Sommerferien: das Jahreszeugnis.
Und heute geht es darum, dass Sie was aus diesem Jahreszeugnis machen – Sie und Ihr Kind.
Manche freuen sich bereits darauf, denn, auch wenn ich die Sinnhaftgikeit von Noten in Frage stelle, so ist das Jahreszeugnis auch für viele Schülerinnen und Schüler eine Art „Belohnung“. Ja, Ihr Fleiß und die über das ganze Jahr erreichten guten Noten sind als Gesamtresultat sichtbar. Wow, toll, Kinder haben Ihre Ziele erreicht und sie kommen stolz nach Hause. Die Kinder fühlen sich sehr zufrieden und freuen sich, das Dokument Ihren Eltern, Großeltern und vielleicht auch Geschwistern zu präsentieren. Vielleicht gibt es sogar eine Belohnung – wobei ….
[Tweet „Die „gute Note“ ist Belohnung genug.“]
Zu dieser Überschrift darf ich auf zwei Punkte eingehen. Der erste Punkt ist: wer bestimmt denn, welche Note gut ist. Ist ausreichend gut? Der Vater meines Sohnes sagt immer: „Die Note vier ist die Note eins des kleinen Mannes.“
Ist das so? Welches Maß gilt bei Ihnen? Sehr gut, gut und befriedigend sind okay, ab ausreichend wird Nachhilfe eingesetzt?
Meiner Meinung nach obliegt es ganz allein den Kindern, welche Note für sie gut ist. Denn nur das wird die Motivation in Ihnen wecken.
Und das kommt noch dazu: haben Sie zum Beispiel ein Kind, dass von seiner Art her gerne „gegen“ Ihre Aussagen geht (was übrigens keine böse Absicht ist, sondern einfach eine Art von Menschen) und Sie würden sagen: „… im Jahreszeugnis steht in diesem Schuljahr in Mathe eine zwei“. Dann gebe ich Ihnen Brief und Siegel, das das nicht eintreffen wird. Das verbietet schon die „Gegenspieler-Art“ Ihres Kindes. Über diese Art schreibe ich gerne in einem anderen Blog etwas ausführlicher. An dieser Stelle sei erwähnt, dass Sie mit der Aussage „Du bist bestimmt mit einer drei oder vier in Mathe zufrieden“ deutlich mehr erreichen.
Und am allerwichtigsten: nur die Noten, die Ihr Kind selbst erreichen möchte, sind motivierende Ziele. Nur diese eigenen Ziele wecken die intrinsische, von innen heraus entstehende, Motivation. Diese können sie mit Lob und Belohnung bestimmt unterstützen, jedoch niemals damit wecken. Mit Bestrafung noch viel weniger.
Also, das heißt:
Einzelne Noten unter dem laufenden Schuljahr dürfen Sie gerne loben und anerkennen. Aber eine Belohnung mit Geld oder ähnlichem erstickt die eigene Erfolgs- und Motivations-Quelle.
Das Gesamtresultat, also das Jahreszeugnis darf meiner Meinung nach gerne belohnt werden.
[Tweet „Sitzenbleiben muss bestraft werden – echt?“]
Was ist denn nun, wenn das Jahres-Resultat leider Ihr Kind dazu zwingt, eine Ehrenrunde zu drehen? Sind jetzt Konsequenzen wichtig und richtig?
Ich glaube nicht. Zeigen Sie mir ein Kind, das gerne Sitzen bleibt. Ein Kind, dem völlig egal ist, welche Noten es hat. Das gibt es nicht und wenn doch, dann sind die Gründe, die wir durchaus in unseren Seminaren und Coachings feststellen, tatsächlich hausgemacht und dürfen verändert werden.
Also, das Sitzenbleiben oder sogar Schule wechseln ist meiner Meinung nach Bestrafung genug.
Hier finden Sie auch einen Vlog (Video-Tipp) zum Thema: „Zeugnis – und jetzt“
[Tweet „Lassen Sie Ihr Kind seine Zukunft bestimmen“]
Ihr Kind versagt am Gymnasium, müsste eine Ehrenrunde drehen und sie überlegen den Wechsel auf die Realschule? Sie fragen sich, ob das der richtige Weg ist und besprechen sich mit dem Klassenlehrer und Ihrem Partner. Dann fällen Sie die Entscheidung … – FALSCH!
Wenn es so läuft, sind Probleme bereits vorprogrammiert. Zum Beispiel will Ihr Kind auf dem Gymnasium bleiben, Sie entscheiden allerdings den Wechsel an die Realschule. Ihr Kind wird aufhören, sich anzustrengen, zu engagieren geschweige denn, motiviert zu sein.
Oder: Ihr Kind will auf die Realschule, aber sie belassen es auf dem Gymnasium oder wechseln das Gymnasium – FALSCH! Ihr Kind wird es Ihnen deutlich zeigen, wo es sich selbst sieht und das Schuljahr wird für alle zur Qual.
Deshalb ist für mich immer die oberste Priorität:
Überlassen Sie die Schulwahl und Konsequenzen Ihrem Kind!
[Tweet „Im nächsten Jahr wird alles besser und wehe, wenn nicht!“]
In Ihren Augen hat Ihr Kind deutlich mehr Potenzial in verschiedenen Fächern oder mindestens in einem Fach? Sie machen sich Sorgen, weil Ihr Kind mit einem schlechten Zeugnis nicht studieren kann oder keine Lehrstelle bekommt?
Also, wie können Sie an der Leistung etwas ändern? Viele Eltern sagen uns in den Eltern-Seminaren, dass Sie in solchen Situationen Belohnungen oder Bestrafungen aussprechen. Ja, wir haben schon richtig große Belohnungen erfahren: hast Du die zwei in Deutsch, dann bekommst Du ein Smartphone und so weiter. An dieser Stelle frage ich gerne und im kommenden Jahr und die Jahre darauf? Irgendwann ein Privat-Jet? Ja, klar, ich übertreibe und ich weiß auch, dass dieses Verhalten aus Liebe resultiert und, so vermute ich, aus Unwissenheit und Unsicherheit.
Deshalb regen Sie Ihr Kind an, sich Ziele für das kommende Jahreszeugnis zu setzen.
Lassen Sie Ihr Kind – bitte völlig ohne Ihren Einfluss – das Jahreszeugnis vom kommenden, beziehungsweise aktuellen Schuljahr schreiben.
Wenn diese Übung von Ihrem Kind selbst ausgeführt wird, ist das eine Art von „Vertrag mit mir selbst schließen“. Wenn es noch gut sichtbar platziert wird – zum Beispiel im Zimmer über dem Schreibtisch – übt diese Ziel Zugkraft aus und Motivation.
Gerne erzähle ich für den nächsten Tipp eine kleine Geschichte:
Da gibt es den Opa von Florian, der seinen Fokus eher pessimistisch auf das Zeugnis richtet.
Flo ist seit einem Jahr an einer neuen Schule – ein Gymnasium, direkt am See. Der Umzug, das Einfinden in die neue Klasse und neue Freunde finden, was ja nebenbei läuft, ist klasse.
>>Manchmal dürfen wir Eltern (und Großeltern) daran denken, das die Umgebungsparameter auch Einfluss auf unsere Kinder nehmen!<<
Florian hat sich selbst zur Aufgabe gemacht, da er Englisch als Zweitsprache im damaligen Gymnasium hatte und im „See-Gymnasium“ dies die Erstsprache ist, ein Jahr in Englisch – ohne Nachhilfe – selbständig aufzuholen.
Für Florians Eltern ergibt sich daraus, auch aufgrund der pubertären Phase in der sich ihr Sohn befindet, eine durchaus heikle Situation und doch setzen Sie großes Vertrauen in ihn.
Florians Jahreszeugnis ist für alle vorher besorgniserregenden Faktoren so richtig klasse. Obwohl auch zusätzlich viele Lehrkräfte für die achte Klasse, die wohl pubertärste Zeit bei den Kindern, Noten-Verschlechterungen von 1-2 Stufen vorhergesagt hatten, sind Florians Noten zum Teil sogar besser als im Vorjahr. In Englisch erreicht er die Note vier, was für ihn völlig okay ist.
Dann kommt der Moment, indem Florians Großeltern das Jahreszeugnis sehen. Seine Oma äußert sich sehr anerkennend und lobend. Findet es toll, wie gut Flo sich eingelebt hat und vor allem, sich wohl fühlt. Sie ist sogar der Meinung, dass auch das der Grund für die sogar besseren Noten ist (ich übrigens auch). Dann gibt Opa seine Meinung zum Besten: „in Geschichte hattest Du doch letztes Jahr eine eins. Da hast Du Dich ja ganz schön verschlechtert (Note 2!). Und in Englisch hättest Du Dich schon mehr anstrengen können ……
Hierzu sage ich nur: „Achten Sie auf die guten Noten und Leistungen Ihres Kindes und vor allem, geben Sie diesen mindestens genauso viel Aufmerksamkeit, wie den, von Ihnen so empfundenen schlechteren, Zensuren.“
Eltern (und auch Großeltern ;-)!) haben oft die Eigenart eine gute Note nur kurz mit einem „Super, toll gemacht“ zu kommentieren, allerdings bei einer schlechten Note gefühlt Stunden darüber zu sprechen. Bei schlechten Zensuren wird häufiger nach der Vorbereitung zum nächsten Test gefragt, Nachhilfe angeboten, Handyverbote ausgesprochen und vieles mehr. Ungerecht, oder?
Stärken Sie Ihr Kind, denn das braucht es allermeisten, wenn eine Note nicht so schön ist. Nur mit Stärken, schafft Ihr Kind die nächste bessere und gut Note, nicht, wenn Sie ihm Versagen oder ähnliches immer wieder vor Augen führen.
Zeigen Sie Ihrem Kind, was es schon alles geschafft hat! Mache Sie die Erfolge sichtbar!
So klappt es dann auch mit der Motivation und dem nächsten guten Jahreszeugnis.
Ich wünsche Ihnen eine entspannte Zeugnisphase und viel Liebe für Ihr Kind. Denn lieben dürfen Sie Ihr Kind einfach nur weil es da ist und nicht, wegen seiner Leistungen.
Herzliche Grüße
Ihre
Alexandra Aldinger
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