Genialico Adventskalender #1:
Wohlbefinden: Lernen + Lerncoaching = Lernerfolg
Lernen und Glück passen für viele überhaupt nicht zusammen.
Lernen – das bedeutet Stress, Pauken, Überforderung, Tests, Leistungsdruck, den Erwartungen anderer gerecht zu werden und in der Schule Zeit abzusitzen – oder?
In diesem Kontext scheint die Aussage, Lernen sei ganz eng mit Glück und Wohlbefinden verbunden, eine ziemlich steile These zu sein.
Doch wodurch entsteht Wohlbefinden? Und wie lässt es sich in irgendeiner Form messbar oder erkennbar machen?
Wohlbefinden aus Sicht der positiven Psychologie
Der amerikanische Psychologe Martin Seligman geht davon aus, dass Wohlbefinden durch das Aufblühen des Einzelnen zu erkennen sei (Lermer, 2019, S. 48, zit. nach Seligman, 2015, S. 29).
Das Aufblühen des Einzelnen und dementsprechend die Bedingungen für Wohlbefinden unterteilt Seligman in fünf Kategorien, kurz PERMA:
- Positive Emotion
- Engagement
- Positive Beziehungen
- Sinn
- Zielerreichung
Nach Seligman trägt jede dieser Kategorien zum Wohlbefinden bei, ist von sich aus motivierend und kann einzeln gemessen und definiert werden.
(Lermer, 2019, S. 49, zit. nach Seligman, 2015, S. 34).
Anhand dieser Kategorien werde ich im Folgenden nachzeichnen, wie aus dieser Perspektive die Beziehung zwischen Lernen und Wohlbefinden gesehen werden kann und was Lerncoaching damit zu tun hat.
1) Positives Gefühl
Wenn wir Situationen erleben, in denen wir ein gutes Gefühl haben, trägt dies zu unserem Wohlbefinden bei. Beim Lernen ist das logischerweise genauso, wenn wir Spaß am Lernen haben fühlen wir uns in dieser Situation wohl. Doch die Verbindung zwischen positiven Gefühlen und dem Lernen ist noch deutlich enger, was durch die Neurobiologie erkennbar wird.
Ein sehr kurzer Exkurs dazu:
Wenn Informationen vom Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis überführt werden, kommt der Hippocampus zum Einsatz, eine Gehirnregion die von zentraler Bedeutung für das Erinnern ist. Zwischen dieser Gehirnregion und dem Amygdala (Mandelkern) besteht eine enge Verbindung. Wenn wir etwas lernen, wird der aufgenommene Inhalt, diese Situation oder Erfahrung vom Mandelkern mit einer Emotion versehen. Bei emotionalen Ereignissen wird der Botenstoff Noradrenalin ausgeschüttet, der die Stärkung und Bildung von Synapsen und damit den Lernprozess erheblich unterstützt.
(Seng & Prof. Dr. Mecklinger, 2018)
Knapp zusammengefasst ist also auch andersrum ein bedeutender Einfluss von positiven Emotionen auf das Lernen erkennbar. Mit einem positiven Gefühl (Spaß) lernen wir biologisch erklärbar schneller und nachhaltiger.
Andere Aspekte, die zwischen dem Lernen und positiven Gefühlen liegen fallen auch in den nächsten Abschnitten auf.
2) Engagement
Engagement kann mit der positiven Psychologie als völlige Konzentration und Hingabe gegenüber einer bestimmten Arbeit / eines Themas / einer Aufgabe gesehen werden (auch im Zusammenhang mit dem sog. Flow). Wenn wir uns für ein Thema begeistern, uns die Neugier dabei antreibt und wir uns dadurch intensiv damit auseinandersetzen, uns vollkommen darauf fokussieren und sozusagen im Flow sind, von uns selbst aus immer weiter machen, üben und lernen, macht uns diese Tätigkeit glücklich.
3) Relationships / Positive Beziehungen
Als soziale Wesen sind soziale Beziehungen für uns von großer Bedeutung. Positive Beziehungen unterstützen uns, schaffen ein Umfeld, in dem wir uns wohl fühlen und in dem wir uns gerne aufhalten. Positive Beziehungen sind außerdem für ein produktives Zusammenarbeiten von großer Bedeutung – und auch wenn das häufig in Vergessenheit gerät:
Lehren und Lernen sind grundlegend durch produktives Zusammen-Arbeiten gekennzeichnet!
4) Meaning / Sinn
Sinn ist für Menschen aus mehreren Blickwinkeln von großer Relevanz.
Einerseits ist es wichtig zu wissen, warum wir etwas tun / mit welchem Ziel, damit überhaupt intrinsische Motivation und damit ein Antrieb entstehen kann.
Außerdem ist Sinn von großer Bedeutung für das Verständnis von Lernstoff. Wenn wir Kontexte, Einordnungen und Zusammenhänge nicht nachvollziehen können, leidet zum einen erneut die Motivation und zum anderen erschwert es erheblich den Prozess des Verstehens, Abspeicherns und Erinnerns. Bereits auf der Mikroebene arbeitet unser Gehirn mit Verknüpfungen (Synapsen). Wenn wir uns Inhalte zuverlässig merken wollen, dürfen sie in einen Kontext eingebetet sein, an uns bereits bekannte Dinge in irgendeiner Form anknüpfen und für uns Sinn ergeben.
Zudem steigert es unser Wohlbefinden enorm, wenn wir Wertschätzung erfahren und merken, dass wir ernst genommen werden, sowie ein wichtiger Teil der Gemeinschaft sind, in der wir aktiv agieren können. Auch das gibt uns eine Art des Sinns, die zu Wohlbefinden führt.
5) Accomplishment / Erreichen von Zielen
Neben dem Definieren ist das Erreichen konkreter Ziele ebenso wichtig für unsere Motivation und unsere Ressourcen. Ohne Motivation und unsere Ressourcen (Stärken, Erfolge,…) wird das Lernen schnell zu einer Qual, zu etwas, das uns von außen übergestülpt wird und das wir uns möglicherweise auch gar nicht mehr zutrauen, was uns einschüchtert, überfordert und in uns sogar Angst auslösen kann. Das Erleben von Erfolgen hat dementsprechend großen Einfluss auf unser Selbstvertrauen und Wohlbefinden.
Für den erfolgreichen Lernprozess ist es also notwendig, dass wir Glück empfinden und uns wohl fühlen. Andersrum entsteht auch durch Lernerfolg Wohlbefinden.
Doch was ist, wenn bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen stattdessen die anfangs beschrieben Verknüpfung vorhanden ist? – Lernen als Qual, als etwas, das man nur macht, weil man es muss. Wenn der Lernprozess eben besonders kein Wohlbefinden auslöst, sondern oftmals bereits beim Gedanken daran negative Emotionen, Demotivation, Unbehagen oder gar Angst auftreten.
Lerncoaching als Verbindungsstück
An allen von Seligman definierten fünf Kategorien kann Lerncoaching ansetzen und unter anderem damit den gerade beschriebenen negativen Kreislauf unterbrechen und den positiven Kreislauf zwischen dem Lernen und Wohlbefinden einleiten. Das führt dazu, dass Lernen sogar zu einem erfüllten Leben beiträgt.
Der Lernerfolg setzt sich aus unserer Perspektive des Lerncoachings aus vielen verschiedenen Zahnrädern zusammen, die sowohl einzeln wirken, als auch besonders ineinander greifen und somit gemeinsam Einfluss haben. Deshalb ist eine ganzheitliche Betrachtung enorm wichtig, um den einfachen Lernerfolg nachhaltig zu erreichen.
Bei den Variablen, die Martin Seligman für die Operationalisierung von Wohlbefinden definiert hat, handelt es sich auch um einige dieser Zahnräder, die für den Lernerfolg von Relevanz sind. Weiter oben in diesem Text ist bereits angeklungen, dass allerdings auch eine zweite Wirkungsrichtung vorhanden ist:
Lernerfolg und Lernen können selbst zum positiven Gefühl beitragen, genauso wie sie der Inhalt des Engagements (auch Flow), des Sinns und der erreichten Ziele sein können, während um sie herum positive soziale Beziehungen entstehen – Lernen und besonders Lernerfolg können erheblich zum Wohlbefinden beitragen – unabhängig vom Alter und von der konkreten Situation bzw. Institution.
Lerncoaching ist sehr häufig das wesentliche Element in der Wirkungskette „Lernen + Lerncoaching = Lernerfolg = Wohlbefinden“, die letztlich zu einem positiven Kreislauf wird.
Zusammen mit Seligmans theoretischen Ausführungen können wir aus unseren über 12 Jahren Erfahrung sagen: Auch die Beschäftigung als Lerncoach selbst schafft in hohem Maß Wohlbefinden. Bei allen Workshops, Seminaren und Coachings steht Spaß und eine positive Grundstimmung an erster Stelle. Das Engagement als Lerncoach und die entstehenden positiven Beziehungen mit den Coachees, Schüler*innen, Lehrer*innen, Eltern, Azubis, Ausbilder*innen, Umschulenden und vielen mehr ist von sich aus immer wieder aufs Neue sehr motivierend und schafft ein starkes Bewusstsein des Sinns dieser wertvollen Tätigkeit, ebenso wie die tollen Erfahrungen, Erfolge und Feedbacks, die die Erreichung unserer Ziele verdeutlichen.
Lerncoaching ist nichts magisches oder abstraktes. Lerncoaching ist eine ganzheitliche Sicht, es betrachtet alle relevanten Zahnräder, setzt mit genialen Methoden, Strategien und Inhalten an den einzelnen Stellen und Ebenen an, sodass immer bei allen Lehrenden und Lernenden der einfache Lernerfolg und damit ein massiv gesteigertes Wohlbefinden erreicht wird, was ebenso auf viele andere Lebensbereiche ausstrahlt.
Ab jetzt erscheint mit dem Genialico-Adventskalender bis Weihnachten jeden Tag ein neuer Beitrag oder Tipp. Besonders in dieser Zeit, in der die Tage kurz sind, die Stimmung teilweise düster, die Krisen auf uns einprasseln und das Jahr 2022 zu Ende geht, ist dies unser Beitrag für mehr Wohlbefinden für Dich, Deine Kinder, Deine Familie, Deine Schüler*innen und Dein gesamtes Umfeld.
Viel mehr erfährst Du auch in unseren Seminaren und in unserer Top-Ausbildung zum Lerncoach Advanced. Deine Kids erhalten in unserem Kinder- & Jugendworkshop „Wissen-Staubsauger“ erfolgreiche Tipps, die auf direktem Weg nachhaltig zum Lernerfolg und damit zu mehr Wohlbefinden für Dein Kind und dadurch auch für Dich führen.
Lerncoaching macht glücklich!
Eine schöne Adventszeit!
Euer
Maximilian Aldinger
Quellen:
Lermer, E. (2019). Positive Psychologie (1st ed.). utb GmbH. https://doi.org/10.36198/9783838552620
Seng, L. & Mecklinger, A. (2018, 06. Februar). Erinnern mit Gefühl. dasgehirn.info. Abgerufen am 30. November 2022 von https://www.dasgehirn.info/denken/gedaechtnis/erinnern-mit-gefuehl